Foto: Gerti Plangger / Manfred Metzger
Samstag 13. Juli 2013

Hurra, hurra, wir fahren mit der Elektritschka! Ratter, ratter, durch den Regen. Auf gut besetzten Holzbänken. Sie hält an jedem Kuhfladen. Am Perron (sagte man früher) stand der Täfelesmann und hielt die Kelle zur Abfahrt hoch. Ganz wie in meiner Kindheit.

Es ist sowieso alles wie ein Zeitsprung in die Vergangenheit. Auf einer Wiese weidet ein Bauer seine einzige Kuh. Völlig naturbelassen schlängelt sich der Fluss durch's Tal. Und sollte ich ein typisches Landschaftsbild der Karpaten beschreiben, dann sehe ich lange Reihen mit roten Stangenbohnen und die vielen Heuheintzen.

Jetzt wird es Höllentalmäßig. Der Zug klettert, Tunnels kommen. Im weißblauen Häuschen stehen Soldaten Wache. Ob das hier nötig ist?

Natürlich wollen wir fotografieren aber die eben nicht frisch geputzten Scheiben trüben das Bild. Dicke Nebelschwaden hängen über den Tälern.

Einige Kilometer fahren wir entlang der polnischen Grenze bis Sokolyky. Das Gasthaus ist geschlossen. Wir finden ein Café. Auf dem Weg zum Klohäuschen höre ich fernen Gesang. In der Kirche war eine Hochzeitsfeier.

Die Braut war leider voll in einer weißen Wolke verhüllt und wir konnten sie nur von hinten sehen. Dafür stachen uns  Highheels und ein durchsichtiges Kleid ins Auge. Die neueste Mode macht auch vor dem letzten Winkel nicht halt.

Vitali brachte uns auf der Schweizer-käse – Hauptstraße zurück nach  Dubrinitschi. Der Weg war uns nun nicht mehr unbekannt. Wir sind schon ganz heimisch.

Im Biergarten servierte  Alissa unser ausgiebiges Picknick. Mit viel Budjmo, hej! Beim Hinausgehen bemerke ich drei verwegene Gestalten bei Bier und Wodka sitzen.

Zum Starfoto braucht man ein Gespräch. Der Verwegenste radebrechte ein wenig deutsch. Sein Vokabular stammte wohl aus dunklen Quellen, denn es kamen Worte wie „Scheiße“ und „Pissen“. Ansonsten war es aber mehr Hand und Fuß. Als sie wissen wollten wieviel Rente ich bekomme, wurde es mir zu kompliziert und ich schlich davon.

In unserer Nachbarschaft spielten wieder die „gutten-Abend“ Kinder. Der Regen machte ihnen wohl nichts aus.

Später trieb es  mich noch einmal  ins Dorf. Und da hatte der schlaue Roman einen Fragebogen präpariert. Wo ich wohne - etc. Allerdings bettelte dann einer „ein Geschenk – Euro“. Das verstand ich dann lieber nicht. Es wäre ein Jammer,  wenn diese Kinder zu Touristenanbettlern würden.

An der Kirche läuteten die Glocken. Als ich eintrat, zündete der Mesmer gerade die Kerzen an. Aber wo waren die Gläubigen? Niemand war zu sehen. Dann trat der Pfarrer vor den Altar und stimmte einen wunderbaren Gesang an. Vergeblich suchte ich nach dem Männerchor der mit einstimmte. Auch die Empore war leer. Geisterhaft. Na, vielleicht sangen er und der Mesmer einfach Playback.

Autsch, auf der Kreuzung war eine beleibte Bäuerin in eine Pfütze gestürzt und kam nicht mehr hoch. Eine andere Passantin und ich hievten sie dann (mit Mühe) auf die Beine und die Ärmste ging auf ihren Stock gestützt davon.

„Sind sie deutsch“? Fragte mich die Mithelferin. Es entspann sich ein Gespräch. Olga war die Lehrerin von Alissa. Halina, unsere Wirtin war ihr nicht bekannt. Aber warum hatte denn Alissa die elegante Dame (sie meinte mich in den Wanderklamotten) nicht bei ihr einquartiert? Wir hätten uns dann über Goethe unterhalten können...

Kartoffeln mit gebratenen Speckscheiben und einer Art Ratatouille! Ein Glück, dass bei Halina nirgends eine Wage steht.

In der Kneipe war's wieder lustig. Mit meinen Badenzern habe ich immer viel Spaß. Als Basis unserer Frozzeleien eignete sich meine schwäbische Herkunft trefflich. Und da die Schwaben zu den wenigen Volksgruppen gehören, die über sich selbst lachen können, war die Gaudi gut gesichert.